Mit dem Fahrrad vom Nordkap nach Gera-Teil 2
28. Juni 2015 von Boden nach Glommersträsk
Ich stehe zeitig auf, 6:00 Uhr. Die Sachen werden neu in die Taschen sortiert. Die Warmen Sachen ganz nach unten, die kurzen nach oben. Bei Jimmy wird der Checkout gemacht und er erklärt mir sehr präzise den Weg auf die Landstraße 356 aus Boden heraus. Dieser führt vorbei an einer Military Area und ich kann beobachten wie die Soldaten gerade auf der Sturmbahn Frühsport machen. Erinnerungen an meine Armeezeit bei der NVA kommen auf. Weiter geht die Fahrt Richtung Älvsbin. Die Sonne scheint schön warm und ich fahre das erste Mal im kurzen Shirt, macht richtig Spaß und die Strecke lässt sich gut fahren. Dann nehme ich eine Abkürzung durch einen Naturpark in Richtung Süden. Dieser befindet sich an der Grenze zwischen Lappland und Vasterbodden. Die Straße ist nur geschottert und insgesamt sind 3 Berge zu erklimmen. Durchbeißen! Das Ziel ist Glommersträsk und ist noch 65 km entfernt. Zeitweise sind die Anstiege so steil, dass ich schieben muss. Ich komme an den schönen Ort Gräträsk an einem See. Dort grüßt mich eine Frau und wir kommen ins Gespräch, sie heißt Anke, kommt aus Lulea, spricht sehr gut deutsch und hat sich dieses Landhaus vor 5 Jahren gekauft. Ich bitte sie noch mir meine Wasservorräte aufzufüllen, was sie gern macht. An einer Feuerstelle lodert schon ein kleines Lagerfeuer, lädt sehr zum verweilen ein. Ich entscheide mich aber weiterzufahren, Tagesziel ist noch nicht erreicht, es fehlen noch 32 km. Kurz vor dem Ziel in Glommersträsk finde ich einen guten Platz zum Zelten. Ich koche mir noch frischen Tee und Kaffee, etwas Essen und ab geht’s ins Zelt. Heute Morgen habe ich die 1000 km erreicht.
29. Juni 2015 Glommersträsk – Lycksele
Letzte Nacht wild gezeltet, am Abend den Kocher angeworfen und noch was Warmes zubereitet, kein 5 Gänge Menü, aber immerhin selbst zubereitet.
Mein Ziel ist heute Lycksele denn dort gibt es einen Campingplatz und ich kann wieder mal heiß duschen. Die Fahrt ist sehr eintönig, nur wenige interssante Bilder, die es sich lohnt auch mit der Kamera festzuhalten. Straße und Wald bis zum Horizont und hinter der nächsten Kurve dasselbe Bild. Riesengroße Holztransporter fahren ab und zu an mir vorbei und es duftet dann immer wunderbar nach frischem Nadelholz. Die Anzahl der Steigungen hat zum Glück auch nachgelassen, es sind eher langgezogene flache Steigungen. Gegen Mittag mache ich an einer Tanke halt. Das Tagesziel ist gegen 18:00 Uhr schon erreicht. Zeltaufbau, Wifi Zugang besorgen, Essen, Duschen, Schreiben, Schlafen.
30. Juni 2015 Lycksele -Junsele
Der Campingplatz in Lycksele ist schon was Feines! Golfplatz nebenan, der Stellplatz für das Zelt kostet 200 Kronen, das Doppelte als sonst üblich. Dafür kann ich noch gemütlich Frühstücken (kostet extra, aber es gibt wenigstens etwas) und frisch gestärkt geht es wieder auf die Straße. Es wird eine lange Etappe, ca. 150 km. Am Morgen gleich Berg -und Talfahrten die ziemlich an die Substanz gehen. Die Ansicht der Landschaft ist ebenfalls, bis auf wenige Ausnahmen, nicht sehr Sehenswert bzw. eben nur eintönig. Am frühen Nachmittag mache ich Pause in einem Cafe in Åsele. Immer noch 60 km vor mir. Dafür wird die Fahrt am Abend umso schöner. Durch ausgedehnte Seenlandschaften, in ein herrliches Licht der untergehenden Sonne getaucht, bieten sich atemberaubende Ausblicke auf die Natur. So kann ich noch einige gute Fotos machen.
Ach ja, hätte ich fast vergessen, kurz hinter Åsele begegne ich Johanna aus Dänemark. Eine Dame, vielleicht Anfang 60. Sie ist in ihrem Heimatland losgeradelt und will zum Nordkap. Sie ist mit einem stinknormalen Damenrad unterwegs, am Lenker ein Körbchen, gefüllt mit Utensilien und auf dem Gepäckträger zwei Taschen und eine Wolldecke! Ich kann es kaum glauben, dass sie so zum Nordkap will. Als sie mir aber erzählt wo sie überall schon war, Respekt, und nächstes Jahr hat sie sich Island vorgenommen.
Gegen 21:00 Uhr komme ich in Junsele an. Das übliche Procedere beginnt. Zeltaufbau, Waschen, usw.
Leider funktioniert der Schlüssel zum Wifi nicht, habe aber auch echt keine Lust mehr noch etwas zu schreiben.
1. Juli 2015 Junsele – Fansjöbacken
Junsele -Fansjöbacken 110 km
Heute Morgen werde ich von warmen Sonnenstrahlen geweckt, fantastisch. Also alles schnell zusammengepackt und rauf auf das Fahrrad. Im Coop die nötigsten Dinge eingekauft und weiter geht es nach Südwesten. Doch bald merke ich, ich komme nicht so richtig in Gang, habe es gestern wohl doch etwas übertrieben. Zudem stelle ich fest, dass die juckenden Stellen am Bein keine Mückenstiche sind, sondern aussehen wie die von Bremsen. Oje, hier reagiere ich oft allergisch. Es gab schon solche Fälle, da lag ich 2 Tage mit 40 Fieber im Bett. Naja, mal sehen was passiert.
Es ist heute so warm, dass ich lange Zeit nur mit T-Shirt radeln kann. Die Landschaft hat momentan viel Ähnlichkeit mit dem Mittelgebirge. In Sollefteå mache ich Rast und weiter geht es auf der doch schon stark befahrenen Straße 87 Richtung Süden. Ein Zeltplatz ist erst in ca. 50 km wieder auf der Karte eingezeichnet, also werde ich von der Hauptstraße runter in ein kleines Dorf fahren. Fansjöbacken, keine Ahnung was das bedeutet, überhaupt sind viele Ortsnamen hier fast unaussprechbar.
Und das gute an Fansjöbacken, es liegt an einem schönen See, total still nur das Wasser plätschert am Ufer!
Die 1500 km Marke wurde heute geknackt!
2. Juli 2015 Radeln bei 37 Grad
Fansjöbacken – Stöde Camping
Es sollte heute der Tag mit den bisher höchsten Temperaturen werden. Um 13:30 hat der Radcomputer 34 Grad angezeigt. Ach ja, ich habe heute das erste Mal verschlafen, bin doch erst 7:30 wach geworden. Doch der Sonnenschein lässt mich meine Sachen umso schneller zusammenpacken und ab auf die Straße. Lange Zeit entlang etwas oberhalb eines Flusslaufes. Die Berge werden immer höher und es sieht fantastisch aus. Dann quere ich den Fluss, komme an einer alten Kirche mit einem daneben stehenden Glockenturm aus Holz. Ich habe es geahnt, jetzt geht es steil bergauf. Das nicht genug, erwarten mich die nächstan 20 km staubige Schotterpiste. Meine Haut ist bedeckt mit einem Gemisch aus Sonnencreme, Antimückenzeugs und Staub. Ab und an kommte ein Auto vorbei und hüllt mich für einen Moment komplett in Dreck ein. Hinzu kommt heute auch noch Gegenwind. Was mache ich hier eigentlich?
In der Hoffnung die Nächsten km gut zu überstehen bleibt mit nichts übrig als weiter kräftig zu kurbeln, …und irgendwann geht es den Berg auch wieder hinunter. Nach diesem Höllenritt geht es weiter Richtung Süden, entlang der Seen Holmsjön und Leringen. Hier wurde die Uferstraße komplett erneuert und läßt sich hervorragend radeln. Es gibt hier sehr schön angelegte Badestrände und ich kühle mich kurz ab. Was für eine Wohltat!
Weiter geht es in Richtung E14. Bevor diese gebaut wurde, gab es eine Landstraße nach Sundsvall, diese ist jetzt als Radstraße ausgewiesen. Übrigens fahre ich fast nur auf dieser Radstraße. In Torpshammer angekommen habe ich nun zwei Möglichkeiten, entweder ca. 2 km zum Campinplatz in die falsche Richtung, oder aber noch 15 km bis zum Camping – dafür in die richtige Richtung. Ich nehme die 15 km. Unterwege mache ich noch an einem Amerikanischen Truck Stop halt und bestelle mir eine Riesenpizza und 2 Cola.
Um 20:30 Uhr bin ich in Stöde Camping angekommen und morgen geht es weiter nach Matfors und dann nach Hundiksvall.
Die komischen Insektenstiche sind zwar schmerzhaft, sonst ist aber nichts weiter.
3. Juli 2015 Stöde – Hudiksval
Stöde Camping – Hög, in der Nähe von Hudiksval
Der Campingplatz in Stöde ist klein, aber dafür sehr schön. Ich hatte Nachbarn aus Schweden und bat sie mir meinen Powerbank Akku zu laden. Deren Enkelsohn Emil, 4 Jahre alt hatte mir ganz interessiert beim Zeltaufbau zugesehen. Die Route führt heute erst nach Matfors etwas östlich gelegen und von dort Richtung Süden nach Hudiksval. In Matfors wird im Supermarkt noch Proviant einkekauft. Ich erkundige mich nochmal nach der Route und der Beschaffenheit der Straße. Der Mann den ich frage meint ich solle eine andere Route nehmen, meine währe viel Schotterpiste und sehr viel bergauf bergab. Er empfiehlt mir doch glatt nach Delsbo zu radeln, da ist am Wochenende noch ein Musikfestival. Naja, ich entscheide mich für die harte Tour, Schotterpiste. Zu meiner Überraschung lässt sich diese aber sehr gut fahren. Steigungen sind schon einige dabei, aber das bin ich ja jetzt gewohnt.
Unterwegs frage ich an einem Haus ob ich meinen Wasservorrat nachfüllen kann. Der Hauseigentümer bittet mich herein und bietet mir Kaffee und Plätzchen an. Nur den Hund scheint meine Anwesenheit zu irritieren, er bellt mich am Anfang immerfort an. Sicher rieche ich auch etwas verschwitzt!? Dies ist schon das Zweite Mal, dass ich in das Haus gebeten werde. Die Schweden sind sehr gastfreundlich und nett, allerdings habe ich das Gefühl ich muß sie immer ansprechen. Von selbst kommen sie nicht auf mich zu um z.B. mal zu fragen wo ich herkomme usw.
Die Landschaft ist bei weitem nicht mehr so Abwechslungsreich wie oben im Norden. Aber trotzdem macht das Radeln Spaß, auch bei der Hitze. Am Straßenrand stehen immer wieder Schilder auf denen auf sogenannte „Loppis“ hingewiesen wird. Dies sind kleine Flohmärkte, auf denen die Anwohner all das anbieten was sie nicht mehr benötigen.
Am Abend mache ich nochmal an einer Tankstelle halt und frage nach dem nächsten Campingplatz. Die sehr junge Verkäuferin empfiehlt mir einen Platz in etwa 10 km Entfernung und ich mache mich auf den Weg dorthin. Es ist einer dieser typischen Rast und -Badeplätze, welche von den Gemeinden häufig sehr schön gestaltet sind. Hier mit Badesteg, Schutzhütte, 2 Feuerstellen. Alles was das Herz begehrt ist vorhanden.
Leider wird dies eine sehr laute und kurze Nacht. Auch die Jugendlichen aus der Umgebung scheinen diesen Platz sehr zu mögen, treffen sich dort und feiern bis früh um 4:00 Uhr. Was mich beeindruckt, es wird kein Alkohol getrunken. Toll!
4.07.2015 Straße der „Jungfräulichen Küste“
Von Hundiksval – Hamrångefjärden / Bergby
Nach der kurzen Nacht geht es schnellstens weiter. Wenn alles gut läuft, so habe ich mir vorgenommen, will ich heute Gävle erreichen. Es stellt sich aber schnell heraus, es ist ein sehr sportliches Ziel, Gegenwind lässt mich nicht so vorankommen wie ich es gern hätte.Der „Jungfrukustvägen“ ist die alte Küstenstraße. Diese wird nach dem Neubau der E6 weiterhin genutzt und ist auch als Radfernweg ausgeschildert. ( zumindest ab und an)Einige Kilometer bin ich auch schon auf dem wohl berühmtesten Radwegenetz Schwedens gefahren, dem “ Sverigeleden“.Nach einem kurzen Abstecher in das Zentrum von Söderhamn geht es auf besagte Straße die mich geradewegs nach Süden führt.Die Fahrt heute ist mit Abstand das Langweiligste was ich bisher hier gesehen und erlebt habe. Über 70 km endlose, fast immer gerade Straße bis zum Horizont, gesäumt von Bäumen. Nicht einmal ein Elch ist zu sehen. Habe übrigens vorgestern den ersten Elch auf der Straße gesehen, lebend!Das Solarpanel habe ich heute mal ausprobiert, hat alles ganz gut funktioniert.Bis Gävle habe ich es nicht mehr ganz geschafft. Ich gönne mir heute eine B&B Unterkunft und werde den Schlaf der letzten Nacht nachholen.
Kleiner Nachtrag: Habe heute den ersten Mc Donalds gesehen und es geschafft daran vorbei zu fahren!