Mit dem Fahrrad vom Nordkap nach Gera – Teil 3
5.07.2015 Bergby – Fjärdhundra
Nach einem kräftigen und gemütlichen Frühstück geht es weiter Richtung Süden. Die Stadt Gävle wird im Sauseschritt durchradelt, hier und da ein paar Fotos und weiter geht’s.
Ich bewege mich wieder abseits der Hauptstraßen, hier sind die kleinen typischen dunkelroten Häuschen mit den Grundstücken oft besonders hübsch und kreativ gestaltet.
Die Temperaturen sind angenehm, nicht so heiß wie an den letzten beiden Tagen.
In Heby angekommen werden im Supermarkt die Essenvorräte aufgefüllt und ich gönne mir wieder einmal 3 von diesen schmackhaften Plunderdingern mit ordentlich Pudding in der Mitte. Von hier aus geht es die Straße 254 weiter nach Süden. Immer wieder fallen mir die vielen Amischlitten auf. Fette Pickup’s oder Oldtimer aus den 50ern und 60ern. Ich komme an eine Raststätte an der zwei solche Wagen parken. Ich halte an und frage ob ich die Wagen fotografieren darf. Oh, mir wird sofort alles über die Autos erzählt, Hubraum, Baujahr usw. Ja, die Schweden lieben Amerika, die Autos und die Lebensart.
Am Abend ist ein Platz für Wohnwagen und ein Schwimmbad ausgeschildert. Ich schaue mich nach einer Möglichkeit zum Übernachten um. Das Schwimmbad ich geschlossen ( hat dieselbe Beschilderung wie ein Seebad). Camping gibt es hier auch nicht. Ich finde nur 50 Meter weiter einen herrlichen Sportplatz mit einem frisch gemähten Rasen und baue hier mein Zelt auf.
Ein schöner und erfolgreicher Tag mit 154 Km, die 2000 km – Marke geschafft und nur moderate 484 Meter Anstieg.
6. Juli 2015 Fjärdhundra – Hjälmare Sund
Fjärdhundra – Hjälmare Sund/ Camping Uddens
Ich wache auf und der Himmel sieht ganz anders aus als am Abend. Dicke Wolken hängen da oben und der Wind kommt ziemlich stark aus Südwest. Ich schaffe es noch mein Zelt im Trockenen abzubauen und sicher zu verstauen. Setze mich auf’s Rad und schon fängt der Regen an. Ich fahre bei strömenden Regen südwestlich nach Västerås. An der ersten Tanke wird ein zweites Frühstück genommen und ich versuche mich etwas zu trocknen. Zwecklos. Ich komme gut und schnell durch die Stadt und finde auch sofort die richtige Straße wo’s wieder hinausgeht. Der Regen wird noch stärker. Trotz Poncho und Regenpants bin ich total durchgeweicht. Die Hände fühlen sich an, als hätte ich sie tagelang in Spülwasser getaucht. Nur nicht kalt werden, also immer schön in Fahrt bleiben und bewegen. Gegen 14:00 Uhr lässt der Regen erstmals nach und ich fahre wieder mal auf einer Schotterpiste über die Lande. So macht das Radeln Spaß! Hinter jeder Kurve bietet sich eine neue, schöne Ansicht der Natur. Ich mache an einer Kirchenruine halt, um diese zu fotografieren. Steige vom Rad und gehe in die Ruine hinein. Sieht alles sehr interessant aus. Und flutsch, da setzt es mich voll auf den Hintern, bin auf einem nassen Stein ausgerutscht. Ja, so ist das, kein Sturz mit dem Rad, aber sowas! Zum Gück ist mir nichts passiert. Der Wind wird immer stärker, habe eben die 100 km Marke erreicht und bin kurz vor dem Hjälmåre Sund , Der Hjälmåre ist ein größerer See, die Straße führt hier über zwei Brücken und eine Insel an das andere Ufer. Der Seitenwind ist so stark geworden, dass es mich fast auf die Mitte der Fahrbahn drängt. Nur mit Mühe kann ich den verflixten Drahtesel in der Spur halten. Es gibt nur noch eine Entscheidung die sinnvoll ist, Abbruch und ein sicheres Quartier suchen. Vor mir liegt ein Campingplatz, bin schon fast daran vorbeigeradelt, wende und fahre die paar Meter zurück. Ich frage nach einer Stuga, denn im Zelt will ich heute nicht schlafen. Muss ja außerdem die Klamotten irgendwie trocknen.Mein Ziel von 130 km habe ich zwar nicht ganz geschafft, aber Hauptsache im Trockenen und in einer sicheren Unterkunft, bei Thüringer Kräutertee und Honig, lecker!
7. Juli 2015 der Wind bestimmt die Richtung
Uddens Camping – Linköping. Die am Vorabend angemietete Stuga war das Schlechteste was ich bis jetzt erlebt habe. Überhaupt war der Campingplatz ganz schön heruntergekommen. Ich wache gegen 6:00 Uhr auf, stelle fest es Stürmt draußen immer noch und habe auch irgendwie gar keine Lust mich bei dem Wetter auf mein Rad zu schwingen. Ich nehme die Karte zur Hand und schaue nach einer günstigeren Route. Ich werde nach Norrköping fahren, fast immer Richtung Süden, statt Südwesten. Und so geht es dann doch gegen 9:30 Uhr los. Ca. 10 km vor Norrköping beginnt ein sehr schöner Radweg entlang eines Sees. Überall am Ufer sind schöne Badestege, Anlegestellen für Boote und Feuerstellen angelegt. Perfekt! Die Stadt Norrköping selbst hat nicht viel Sehenswertes, wobei ich den eigentlichen Stadtkern nicht erreiche. Die Fahrt geht weiter nach Linköping. Das sind nochmal ca. 40 km. Die Strecke führt auf der E4S fast immer neben der E4 lang und ist auch als Fernradweg ausgeschildert. Nach 132 km komme ich in Linköping an. Der Zeltplatz wird erreicht, fast geschafft! …
Da war noch was! In irgendeiner Zeitung hatte ich vor ein paar Wochen einen Bericht über Schwedens Radwege und in diesem Zusammenhang die Schaltung der Ampelkreuzungen gelesen. An der Ampelkreuzung werden herannahende Radfahrer erkannt und die Ampel schaltet sofort auf Grün, grüne Welle für Radfahrer sozusagen. Das habe ich heute Abend in Linköping selbst erlebt und bin begeistert!
8. Juli 2015 Linköping – Aneby
Wieder ein Regentag. Die Temperaturen sind noch recht angenehm um die 22 Grad. Der Zeltplatz in Linköping war sehr ruhig und gut ausgestattet. Ein genauer Platz wurde mit zugewiesen, sogar Stromanschluss hatte ich. Allerdings muß ich mir, um den zu nutzen, einen Adapter vom Campingstecker auf Schuko-Stecker kaufen! Mieten geht nicht. Sind eben auch sehr geschäftstüchtig die Schweden. Meine Beine wollen an diesem Morgen nicht so richtig in Schwung kommen. Ich brauche eine Ewigkeit um meinen Rythmus zu finden. Hinzu kommen immer wieder kräftige Regenschauer. Trotz Poncho und all dem Zeugs, was gegen Nässe schützen soll, bin ich immer wieder komplett durchnässt. Von Linköping fahre ich westwärts und erreiche schnell Mantorp und Mjölby. Von hier geht es nach Süden auf der 32. Aufgrund der Nässe entschließe ich mich bei Aneby den Zeltplatz aufzusuchen. Als ich dort ankomme bin ich schon etwas verwundert. Ein Parkplatz mit Einweisern, Busse und viele Menschen. Ich suche die Rezeption, was hier gar nicht so einfach ist. Ich erfahre das hier eine sogenannte “ Christian Conference“ von Smaland stattfindet. Es treffen sich junge und alte Christen, um eine Woche gemeinsam miteinander zu verbringen. Neben den Gottesdiensten wird sehr viel für die Jugend angeboten.Eine Frau mit einem Säugling auf dem Arm nimmt sich meiner an, telefoniert nach dem Verantwortlichen für den Zeltplatz. Dieser erscheint auch bald. Die Frau verabschiedet sich mit einem “ Gott schütze dich“ und wünscht mir eine schöne Zeit. Ulf, der den Zelplatz managt zeigt mir einen Platz. Ich baue mein Zelt auf und werde am Abend von meinen Nachbarn auf Tee und Knäcke und Kekse eingeladen. Wir unterhalten uns so gut es eben geht über Familie usw. und ich stelle viele Fragen über das Leben in Schweden. Gegen 23:00 verabschiede ich mich, bedanke mich für die Einladung und krieche in mein Zelt. Es dauert nicht lange und es regnet wie aus Gieskannen! Auch für morgen zeigt die Vorhersage keine Besserung an.
9. Juli 2015 von Aneby nach Sävsjö
Regen, Regen und nochmal Regen! Von Aneby nach Sävsjö, 70 km
Die Wolkendecke reist nicht auf. Es gibt nichts unangenehmeres als früh am Morgen in klamme und kalte Sachen zu schlüpfen, auch nasse Schuhe. Die Freude ist dann groß, wenn alles durch die Körperwärme, nach 10 km Radeln etwas angenehmer wird. Im Regen wird das Zelt eingepackt und los geht es. Bis nach Trelleborg sind es noch etwa 370 km. Irgendwie habe ich das Gefühl es sind momentan die schwersten Kilometer. Jeder kleine Anstieg wird im kleinsten Gang gekurbelt. Ich habe das Gefühl der Akku ist einfach leer. Trotzdem gebe ich immer wieder Gas, nach dem Berg geht es auch irgendwann wieder runter! Ich fahre heute viel über kleinere Nebenstraßen und sehe wieder schön herausgeputzte Dörfer.Ich fahre über Grimstorp, Bodafors bis nach Sävsjö. Der Regen ist immer stärker geworden, die Füße kalt und nass. Es macht einfach zur Zeit keine Freude so zu Radeln. Nach 70 km im Dauerregen miete ich mir eine Stuga und schmeiße erstmal meine Klamotten in der Trockner. Auch das Zelt muss trocken werden.Jetzt gönne ich mir mal eine Pause und plane die Strecke für morgen. Das Wetter soll auch besser werden, hoffentlich stimmt die Vorhersage.Wenn ich jetzt so an die ersten Tage oben im Norden zurückdenke, so habe ich doch richtig Glück gehabt mit dem Wetter im hohen Norden!
Von Sävsjö zur Ostsee – ein riesengroßer Abenteuerspielplatz
10.-12.07.2015 320 km im Sauseschritt durch das Land von Nils Holgerson, Krümel und Pippi Langstrumpf. Sävsjö – Osby und Osby – Trelleborg. Am 10.7. sind die Bedingungen wirklich ideal, Wind aus Nord West, zwar ist der Himmel bewölkt und ab und an gibt es etwas Nieselregen, das ist aber okay. Mein Ziel ist es am Sonntag die Fähre nach Saßnitz zu erreichen, bzw. Samstag Abend in Trelleborg anzukommen. Die Fahrt geht wieder einmal über wenig befahrene Nebenstraßen, teilweise über den Sverigeleden durch die Abwechslungsreiche und schöne Landschaft. Ein zweites Frühtück gibt es in einem American Diner, da kann ich nicht dran vorbei. Kaffee, Kuchen, Coca Cola und schon geht es weiter. Am späten Nachmittag erreiche ich Almhult und suche dort den Beginn einer kleinen Nebenstrecke. Nachdem ich zunächst nach 4 km in einer Sackgasse lande, kehre ich um und finde den richtigen Weg. Eine schöne ruhige Strecke bis nach Osby. Dort fahre ich zum Campingplatz und stehe 21:00 Uhr vor verschlossener Rezeption. Eine Telefonnummer an der Tür, ich rufe an und schaffe es mit meinen wenigen thüringischen Englischkenntnissen die Lage zu klären. Die nette Dame am Telefon gibt mir den Code für den Schlüsselkasten durch und fragt ob denn noch Schlüssel drin sind. Ja, zum Glück war eine Stuga noch zu haben. Dann frage ich nach Dusche, Küche , Wifi. Für die Dusche brauch ich ein 5 Kronen Stück, habe ich nicht. Meint sie doch glatt ich solle dann eben früh duschen. Aber auch so ein wichtiges 5 Kronen Geldstück kann ich mir noch besorgen.Der Abend ist gerettet. Übrigens habe ich in der ganzen Zeit weder Radio gehört, noch Fernsehen geschaut und Nichts davon vermisst.Am 11.07. dann der Endspurt nach Trelleborg. Knapp 160 km sollen es am Abend sein. Dies wird mit Abstand noch einmal eine der schönsten Etappen. Durch die Welt von Nils Holgerson. Hügelige Landschaft mit wunderschönen Gehöften und Häusern, hübsch angelegt. Ein riesengroßer Abenteuerspielplatz und ich mittendrin! Noch einmal investiere ich viel Zeit in das Fotografieren. Etwa alle 500 Meter zeigen sich neue, schöne Motive.In Veber schaue ich nach dem Weg und ein Autofahrer hält an. Wir schauen gemeinsam auf die Karte und er empfiehlt mir doch lieber direkt nach Süden zu fahren und dann die Küstenstrasse nach Trelleborg. Die wäre super zu fahren, wenig Traffic und tolle Aussicht. Also mache ich das so, und siehe da, bin wieder auf dem Sverigeleden Radweg. Auch die Aussicht auf die Ostsee genieße ich sehr und der Moment, als sie am Horizont auftaucht ist einfach unbeschreiblich. Es ist soweit, ich habe Skandinavien von Nord nach Süd durchradelt! Kann es selbst kaum glauben. Am Strand ist ein Imbiss und ich bestelle ordentlich was zu Essen. Doppelte Portionen. Jetzt noch 25 km bis zum Camping Trelleborg.Dort angekommen baue ich schnell das Zelt auf, dusche mich und werde noch von zwei Schwedinnen, meine Zeltnachbarinnen, zum Essen eingeladen. Sie besuchen dort ein Reittournier.Am Abend checke ich nochmal die Fahrzeiten der Fähre. Gut so, denn die fährt eine Stunde früher als ich es in Erinnerung hatte. Heute morgen um 5:15 aufgestanden, Sachen zusammengepackt und noch 6 km bis zum Fährhafen strampeln.Ticket am Automaten gelöst ( war das kompliziert!) und rauf auf die Fähre. Ich sehr doch wirklich Typen die mit Sackkareen an Bord gehen um dort Alkohol zu kaufen. Die fahren dann am Abend wieder zurück, kein Zoll. Ich treffe ein junges Pärchen aus Greifswald, beide waren mit dem Rad in Südschweden unterwegs und wir erzählen von unseren Erlebnissen. Hier auf der Fähre habe ich das erste Mal Zeit, die ganze Reise noch einmal in Gedanken zu reflektieren und darüber nachzudenken was ich alles so erlebt habe.Bis jetzt war es eine fantastische Zeit. Die Ruhe, allein im Zelt am See den Sonnenuntergang genießen und die vielen schönen Bilder! Jetzt erhole ich mich 1 1/2 Tage auf Rügen gemeinsam mit Anke und Hannah und trete dann die Heimreise an.Danke an alle da draußen, die mich auf Facebook oder anderswo angefeuert und unterstützt haben!!